Die Gewinnerin des diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs in Klagenfurt hat mit ihrem Text „Der Schrank“ ein virulentes Thema getroffen: Studiert sein, gebildet sein, aus einem bürgerlichen Elternhaus kommen – all das bewahrt einen schon lange nicht mehr davor, selbst zum Prekariat zu gehören. Die Soziologin Birgit Birnbacher trat in Klagenfurt mit einer Geschichte über eine 36-Jährige an, die in einem Salzburger Mietshaus in einem eher heruntergekommenen Bezirk lebt und an einer Studie über Lebensverhältnisse teilnimmt. Die Studie interessiert sich besonders für selbstständige Arbeit, die nicht zur Vollversicherung reicht. Kurz: Es geht um Akademiker, die in unterbezahlten Jobs vor sich hindümpeln. Ein Biedermeierschrank, der eines Tages plötzlich im Hausflur steht, bringt Unruhe, und am Ende möchte die Erzählerin am liebsten darin verschwinden – sicherlich eine Referenz an Ingeborg Bachmanns „Malina“, die sich eine Wandritze für die Weltflucht ausgesucht hatte. Ein Text, der vom Lebenskampf handelt, urteilte die Jury, mit knisternder, aufrührender Sprache.
Geboren wurde Birgit Birnbacher 1985 in Schwarzach, sie hat Soziologie studiert, im In- und Ausland Sozialarbeit geleistet und lebt in Salzburg. 2016 erschien ihr Roman „Wir ohne Wal“, für den sie den Förderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung erhielt. (A.-D. K.)
Weitere Auszeichnungen u. a.: Rauriser Literaturförderpreis, Autorenpreis Irseer Pegasus (2015), Theodor-Körner-Förderpreis (2016), Jahresstipendium Land Salzburg (2018), Ingeborg-Bachmann-Preis (2019).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Mal lichterloh, mal wasserblau“, Ed. Tandem, Salzburg 2013
– „Wir ohne Wal“, Roman, Jung und Jung, Salzburg 2016