Beim 29. Erlanger Poetenfest berichteten die Publizistin Jana Hensel, der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk und der Schriftsteller Thomas Rosenlöcher über ihre DDR-Erfahrungen im Oktober 1989. Zum 20-jährigen Jubiläum der Wende ging der Blick damals rückwärts und nur ein wenig seitwärts; Ostdeutschland befand sich scheinbar unbeirrt auf dem Weg in den Westen. Lässt sich das heute auch noch sagen? Die Schriftstellerin Susanne Schädlich bildet mit den beiden Männern nun ein neues Gesprächstrio: Was hat sich in den letzten zehn Jahren geändert? Ist die Perspektive im dreißigsten Jahr des wiedervereinigten Deutschlands eine andere als 2009? Unmittelbar vor den Wahlen in Sachsen und Brandenburg, die am 1. September stattfinden, richten sich alle Blicke auf Ostdeutschland. Wäre es aber nicht besser, wenn der Westen ostdeutsche Verhältnisse nicht nur sporadisch zur Kenntnis nähme? Die Annahme, dass sich nach dreißig Jahren eine wirtschaftliche wie mentale Einheit der Nation gebildet haben würde, erscheint heute jedenfalls wie ein frommer Wunsch aus der Umbruchzeit.
Florian Felix Weyh
Ilko-Sascha Kowalczuk: Die Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde. C. H. Beck. München, 28. Aug 2019
Susanne Schädlich: Briefe ohne Unterschrift. Wie eine BBC Sendung die DDR herausforderte. Knaus. München, Mrz 2017