„Ohne Zweifel ist die Digitalisierung eine Störung der Routinen der Moderne“, heißt es im neuen Buch von Armin Nassehi. Darin wartet der Soziologe mit der überraschenden Erkenntnis auf, dass die „strukturelle Digitalität der modernen Gesellschaft“ nicht erst im Computerzeitalter begann. Nassehis Kernthese: Die „metrische Interpretation der Gesellschaft“ begann bereits im 17. Jahrhundert und ist „geradezu konstitutiv für die Gesellschaftsstruktur der Moderne“. Mit dem Buchdruck habe sich erstmals die Welt in einer Parallelstruktur verdoppelt, was alte Hierarchien zusammenbrechen ließ. Mit der Digitalisierung vollzieht sich nun „nichts anderes als die Verdoppelung der Welt in Datenform mit der technischen Möglichkeit, Daten miteinander in Beziehung zu setzen, um dies auf bestimmte Fragestellungen rückzuübersetzen“. Im Ergebnis wird ein spektakulär neuer, doch nicht zwingend bedrohlicher Blick aufs Treiben der Menschheit möglich, ja die „vielleicht sogar endgültige Entdeckung der Gesellschaft“. Wie diese aussehen kann, erläutert Armin Nassehi, trotz akademischer Abstecher zu Husserl und Heidegger, verständlich und unterhaltsam.
Florian Felix Weyh
Armin Nassehi: Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft. C. H. Beck. München, 28. Aug 2019