Der verlässlichste Himmelskörper in der Poesie ist seit jeher der Mond: als auratische Erscheinung, begütigendes Gestirn und trostbereiter Hausgenosse. Die Dichterin und begnadete Performerin Maren Kames hat sich in ihrem zweiten Buch von der romantischen Mondbegeisterung abgewendet und eine sehr eigenwillige lunatische Fantasie entfaltet: „Luna Luna“ ist ein Grenzgang zwischen dunklem Monolog, Wachtraum und hypnotischem Nachtgesang, der anknüpft an Melodien und Songlines unterschiedlichster Pop-Größen wie Annie Lennox, Portishead oder Bon Iver.
Die 1984 in Überlingen geborene Autorin, die u. a. Literarisches Schreiben am Literaturinstitut in Hildesheim studiert hat, versetzte mit ihrem Debütbuch „Halb Taube Halb Pfau“ (2016) die literarische Welt in helle Aufregung. Prompt wurde sie in der FAZ zum „neuen deutschen Lyrikleitstern“ ausgerufen. Diese Nobilitierung zur neuen Poetessa verdankt sich der Fähigkeit der Autorin, mithilfe einer raffinierten Klang- und Satzkombinatorik ihre Textfelder in einen suggestiven Bewusstseinsstrom zu verwandeln. „Ich möchte etwas, das unter Einsatz aller Register zustande kommt.“ Das ist der programmatische Kernsatz in diesem Buch, der auch markiert, dass vor, wie auch nach Erscheinen des Debütbuches die Texte in verschiedenen Aggregatszuständen und Formaten vorgestellt wurden, etwa in audio-visuellen Installationen und Performances, oder als Live-Hörspiel. „Halb Taube Halb Pfau“ war nicht nur ein textuelles, sondern auch akustisches und haptisches Gesamtkunstwerk. Ähnlich nun „Luna Luna“: „In meinen gloriöseren tagen bin ich ziemlich/ lunar gewesen/ und wahnsinnig rastlos,/ in den gliedern krachend u griffig/ im wipfel wild,/ es rauschte/ ich genoss/ und litt/ zeitgleich/ immerzu, ...“ (M. B.)
Auszeichnungen u. a.: Jury- und Publikumspreis beim Berliner Open Mike (2013), Gargonza Arts Stipendium (2014), Stipendium des Berliner Senats, Stipendium des Künstlerhauses Edenkoben (2015), Stipendium der Akademie Schloss Solitude (2016/17), Anna-Seghers-Preis, Kranichsteiner Literaturförderpreis (2017).
Veröffentlichungen (Auswahl):
– „Halb Taube Halb Pfau“, Secession, Zürich 2016
– „Luna Luna“, Secession, Zürich, August 2019