Die Poesie lebt! Doch die Vielfalt der Dichter und Sprachen der Länder Europas, von Albanien bis Zypern, ist bei uns nahezu unbekannt. Ladinische, samische oder rätoromanische Lyrik, Gedichte aus dem gälisch-sprachigen Schottland oder Irland, auf Armenisch, Hebräisch oder Georgisch – jedes der Länder Europas hat seine eigene literarische Tradition und sprachliche Schönheit. Jahrzehnte nach Hans Magnus Enzensbergers legendärem „Museum der modernen Poesie“ (1960) und Joachim Sartorius‘ „Atlas der neuen Poesie“ (1995) machen es sich der Büchner-Preisträger Jan Wagner und Federico Italiano mit ihrer Lyrikanthologie „Grand Tour. Reisen durch die junge Lyrik Europas“ zur Aufgabe, den poetischen Kosmos der europäischen Gegenwartsliteratur neu zu vermessen und dabei einen neugierig forschenden Blick auf die Gegebenheiten und Stimmungen eines ganzen Kontinents zu werfen. Mit mehr als 1.000 Gedichten im Gepäck sind sie von ihren Entdeckungsreisen zurückgekehrt und haben so manchen weißen Fleck auf ihrer Europakarte mit Sprache und Dichtung gefüllt. Die Anthologie vereint Texte von 427 Lyrikerinnen und Lyrikern aus 46 Sprachen – vier davon sind in Erlangen zu Gast: Tomasz Różycki gilt als einer der herausragenden polnischen Lyriker seiner Generation; Kateřina Rudčenková aus Prag verfolgt die Bewegung eines Subjekts zwischen dem Abgrund der Vereinsamung und der Ekstase zwischenmenschlicher Kommunikation, insbesondere unter Liebenden; der Dichter Kārlis Vērdiņš verfasst als einer der wichtigsten Vertreter der lettischen Gegenwartsliteratur nicht nur eigene Gedichte, sondern beschäftigt sich auch mit den politischen und sozialen Dimensionen des lettischen Prosagedichts; Nora Gomringer, Leiterin des Künstlerhauses Villa Concordia in Bamberg und eine der bekanntesten und spektakulärsten Stimmen der deutschen Gegenwartslyrik, gilt als Meisterin des performativen Sprechens.
„Grand Tour“ ist ein „kollektives Zusammenspiel“ der Vielstimmigkeit der jungen europäischen Lyrik und in besonderem Maße ein Plädoyer für das große gemeinsame Projekt Europa und für Vielseitigkeit als Gewinn – ein gedanklicher Gegenentwurf zu den nationalistischen und separatistischen Bewegungen. Begleiten Sie die Dichterinnen und Dichter auf ihrer spannenden und überraschenden Reise. „Gepäck und Proviant werden nicht nötig sein, kein Pass und kein Visum werden gebraucht, nur Neugier und Offenheit.“
Eine Kooperation mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt.
Grand Tour. Reisen durch die junge Lyrik Europas. Lyriksammlung. Herausgegeben von Federico Italiano und Jan Wagner. Hanser. München, Mrz 2019
In deutscher und englischer Sprache mit Simultanübersetzung. Empfangsgeräte gegen Pfand ausleihbar.